
Innovationsreise ins Silicon Valley: die Zukunft ist vernetzt! (1)

Anfang Oktober bereiste ich mit Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch und einer 70-köpfigen Delegation von Wirtschaftsexperten der Hamburger Informations- und Kommunikationsbranche San Francisco und das Silicon Valley. Ziel der Reise war es, die neuesten Trends von Google, Apple und Co. direkt und vor Ort unter die Lupe zu nehmen. Die spannendsten Einblicke und Themen möchte ich hier vorstellen. Ich bin übrigens Patrick Schenck, Innovation Manager bei Tchibo und arbeite im zentralen Marketing in der digitalen Innovationsabteilung (CMD).
German Accelerator, AirBnB, NASA, Draper University und Google
Das offizielle Programm startet bei einem Breakfast Briefing mit der deutsch-amerikanischen Handelskammer, hierbei wird die Struktur und Kraft der kalifornischen Wirtschaft mit beeindruckenden Zahlen belegt: Wäre Kalifornien ein eigenständiges Land, läge es auf Rang 9 der wirtschaftsstärksten Länder der Welt.
Danach geht es weiter mit dem German Accelerator. Der German Accelerator (wörtlich Beschleuniger) ist ein Wirtschaftsförderungsprogramm für deutsche Startups (neu gegründete Unternehmen mit zumeist innovativen Angeboten und Produkten), die in den USA Fuß fassen möchten. Nach dem Lunch teilt sich die Gruppe der Delegation. Die eine Hälfte bekommt auf der legendären Dachterrasse von Twitter umfassende Einblicke in den Themenbereich #Hashtag und Co., der andere Teil der Delegation besucht das Innovationslabor der Softwareschmiede Autodesk. Hier ist das große Trendthema: 3D Druck. Die Möglichkeit, Produkte und Gegenstände (z.B. Ersatzteile) ganz einfach per Drucker auszudrucken, wird die Art, wie wir in Zukunft Produkte herstellen umkrempeln, und auch angrenzende Branchen wie zum Beispiel die Logistik wesentlich beeinflussen.
Als krönenden Abschluss des Tages besuchen wir den Empfang beim deutschen Generalkonsul in San Francisco anlässlich des Tages der Deutschen Einheit. Gemeinsam mit anderen geladenen Gästen haben wir Gelegenheit, die deutsch-amerikanische Freundschaft bei Bratwurst, Brezel und Oktoberfestbier zu vertiefen. Das schmeckt übrigens auch in den USA sehr lecker.

AirBnB: Bed & Breakfast in der Datenwolke
Während sich die andere Hälfte der Truppe die Automobilität der Zukunft bei Tesla zeigen lässt, besuche ich AirBnB. Der Name und das Konzept AirBnB steht mit „air“ für die Virtualität und die Services in der „Cloud“, der digitalen Datenwolke des World Wide Webs und „BnB“, also „Bed and Breakfast“. AirBnB verknüpft Menschen weltweit und bietet eine Plattform, um private Zimmer, Appartements oder ganze Häuser an Reisende zu vermieten - das zumindest ist der aktuelle Stand. Dies macht AirBnB sehr erfolgreich mit aktuell 800.000 angebotenen Unterkünften, vom WG-Zimmer bis zum Schloss oder bewohnbaren Wassertank, in mehr als 34.000 Städten weltweit, was die klassische Hotelbranche gehörig aufwirbelt. In Zukunft will AirBnB mit seiner Community die Art, wie wir reisen, noch stärker vernetzen was völlig neue Reiseerlebnisse schaffen soll.

NASA: mehr als Raketentechnik
Auf dem Gelände des Ames Research Center der NASA werden wir in Sachen Automation und autonom agierenden Geräten (Google Car) und Robotern gebrieft. Selbstverständlich durften auch die Raumfähren der NASA, der National Aeronautics and Space Agency der USA, beim Besuch nicht fehlen.

Letzter Programmpunkt ist der Besuch eines Startup Incubators, einem Gründerzentrum (wörtlich übersetzt Brutkasten), wo wir uns mit Serien-Unternehmern (die ein Startup nach dem anderen „hochziehen“), aber auch mit virtuell fernanwesenden Meeting-Robotern austauschen.

Draper University: hier werden Helden gemacht
Der dritte Tag der Reise startet mit einem Besuch der Draper University of Heroes, einer privaten Unternehmerhochschule von Venture Capitalist Tim Draper. Auch hier wird die Alles-ist-möglich-Mentalität des Silicon Valley zelebriert, denn hier werden aus gewöhnlichen Studenten „Helden“ gemacht. „Draper University transforms its students into heroes who want to change the world”. Das Programm für ambitionierte Gründer besteht aus einem Business Coaching mit integriertem Selbsterfahrungskurs, bei dem selbst so analoge Tätigkeiten wie “Hühner schlachten” die angehenden Unternehmer herausfordern und an ihre Grenzen bringen.

Dies alles wird, sehr amerikanisch (für den deutschen Beobachter) im Ethos der Superhelden transportiert. Und so bringt die Draper University im „Superhero Schwur“ ihre Weltsicht zum Ausdruck: I will do everything in my power to drive, build and pursue progress and change. (ich werde alles in meiner Macht liegende unternehmen, um Fortschritt und Wandel voranzutreiben.“)

Google: mobil, vernetzt und überall online!
Von den Comic-Superhelden der Draper University geht es weiter zu den Superhelden der Internetwirtschaft: nach Mountain View zu Google. Auf dem weitläufigen Google Campus zwischen Volleyball-Plätzen, praktischen Google-Bikes (wenn das nächste Meeting mal in einem entfernteren Gebäude stattfindet), Snack Bars, Chillout Areas und unbemannten Google Cars erleben wir das Lebensgefühl Google hautnah. Auffallend sind die grünen Ambitionen von Google (mit Niedrig-Energiehäusern) und das Bestreben, die eigenen Mitarbeiter von nervigen Alltagsproblemen zu befreien: die Wäsche wird in Laundry Boxes geworfen, die Verpflegung ist überall gratis – so kann man sich am besten auf die großen Innovationen von morgen konzentrieren!

Man betont die Bedeutung von Smartphones und präsentiert uns einige Projekte, zum Beispiel das Google Car, der Flu Index (einem Prognose-Programm, das aufgrund der Such-Anfragen das Eintreffen von Grippe-Wellen in den USA vorhersagen soll) oder das Project Loon, das mit Hilfe von in der Stratosphäre fliegenden Ballons mit Sendern den Segen des Internets auch in entlegene Regionen der Welt bringen soll.
Mein Zwischenfazit nach drei Tagen: Das Beeindruckendste am Silicon Valley ist für mich die Stimmung und Atmosphäre in der Startup und Digitalbranche. Alles ist möglich, und alles wird erst einmal positiv aufgenommen. Denn auch wenn jeder weiß, dass es 95% der Startups nicht schaffen werden, erfolgreiche Unternehmen zu werden, gilt das Mantra: Do it now. If you fail, try again: fail better! („Mach es jetzt. Wenn du scheiterst, versuch es noch einmal. Beim nächsten Mal wirst du besser scheitern.”) Diese Just-Do-it-Mentalität, und der Eindruck, dass Geld keine Rolle spielt, lassen erahnen, warum das Silicon Valley seit über 30 Jahren die digitale Revolution erfolgreich vorantreibt.